Playing Guest and Host on the Manchurian Stage:

Debating Modernity in the Chinese Northeast

  • Blaine Chiasson

Abstract

Am 2. Januar 1924 wurden im Harbiner Klub der Ostchinesischen Eisenbahn im Beisein von Vertretern der verschiedenen Bevölkerungsgruppen zwei Operetten aufgeführt. Der Sohn des Mandarin von Cesar Cui und Die Geisha von Sidney Jones waren beide leichte Stücke mit orientalischer Thematik, von denen die Organisatoren hofften, dass sie das multikulturelle Milieu Harbins widerspiegeln würden. Stattdessen verließen die chinesischen Verwaltungsbeamten die Aufführung unter Protest, weil sie die Stücke als Beleidigung Chinas auffassten, während die meisten Russen die Aufregung nicht nachvollziehen konnten. In der folgenden Woche wurde Harbin von Demonstrationen paralysiert, auf denen die protestierenden Menschen eine öffentliche Entschuldigung und den Rücktritt des russischen Leiters der Eisenbahn forderten. Die unterschiedlichen Reaktionen auf die Demonstrationen spiegeln die Spaltung zwischen den jetzt unter chinesischer Kontrolle lebenden Russen und den in ihrer Rolle als Machthaber noch unsicheren Chinesen wider. Aufbauend auf meiner Monographie Administering the Colonizer: Manchuria’s Russians under Chinese Rule, 1919–1929 argumentiere ich, dass das alltägliche Leben in der ehemaligen Eisenbahnzone durch Spannungen zwischen diesen beiden Bevölkerungsgruppen geprägt war. Nach 97 sahen sich die Russen gezwungen, ihre Position in der Mandschurei neu zu verhandeln. Aber obwohl sie nun chinesischer Kontrolle unterstellt waren, behielten die Russen Schlüsselpostionen in Wirtschaft und Verwaltung. Die chinesische Verwaltungselite des Distrikts war bestrebt, die ehemalige russische Kolonialverwaltung zu erhalten und zu verbessern. Sie reagierte empfindlich auf Vorwürfe, sie sei zu unorganisiert, um über eine europäische Gemeinschaft zu herrschen. Umso mehr zeigte sie sich entschlossen, die Region als modern und progressiv zu präsentieren. In diesem Beitrag werden die Opern-Demonstrationen mit den Debatten um den Beitrag der einzelnen Bevölkerungsgruppen zur Entwicklung der Region verglichen, die innerhalb der Harbiner Gesellschaft zur Erforschung der Mandschurei geführt wurden. Insgesamt soll gezeigt werden, dass die erhitzte post-koloniale Atmosphäre in der ehemaligen Eisenbahnzone vor allem zu Auseinandersetzungen darüber führte, wie sich jede Gemeinschaft selbst repräsentierte und wie sie von anderen dargestellt wurde.

Available Formats

Published

2012

How to Cite

Chiasson, B. (2012). Playing Guest and Host on the Manchurian Stage:: Debating Modernity in the Chinese Northeast. Comparativ, 22(5), 14–26. https://doi.org/10.26014/j.comp.2012.05.02