Abstract
Exzeptionalismus und die proklamierte historische Sonderrolle waren die ideologischen Fundamente, auf denen die Bolschewiki nach 1917 ihre zivilisatorische Mission in den Randzonen des sowjetischen Herrschaftsbereichs aufbauten. ‚Westliche‘ koloniale Herrschaftsmodelle bildeten die Negativfolie für ihre revolutionären Neuansätze. Trotzdem kann die Frage nicht eindeutig beantwortet werden, ob es sich bei der Sowjetunion um einen Kolonialstaat gehandelt habe. Vielmehr gilt es, die innere Dynamik der Herrschaftsinstitutionen und ihrer Akteure genauer zu untersuchen, um Schlussfolgerungen über die Vergleichbarkeit des sowjetischen Sonderwegs zu ziehen und den ‚Kolonialismus‘ in diesem Prozess genauer zu verorten. Dazu werden nach einer Schilderung der aktuellen Forschungsdiskussion die Biographien dreier führender Bolschewiki untersucht, die die Geschicke des sowjetischen Zentralasien zwischen 924 und 94 prägten.