Abstract
Die Auffassung von einem Niedergang der spätmittelalterlichen Industrien in Ägypten und Syrien wurde kritisiert und es wurde vorgeschlagen, die beobachteten Entwicklungen als Transformation zu interpretieren. Dieser Beitrag schlägt einen Vergleich vor: Ägypten und Syrien deindustrialisierten sich als Teil einer zentralisierten, bürokratischen Wissensgesellschaft. Das kann mit guten Gründen als erfolgreiche Anpassung gewertet werden, doch die Levante verlor dabei ihre wirtschaftliche Vormachtstellung im industriellen Bereich. Die Juniorpartner in Europa, wohin die Produktion gleichsam ausgelagert wurde, übernahmen zunehmend die Führung. Diese Sichtweise maßt sich nicht an, die bestehenden Erklärungsansätze zu ersetzen, sondern will diese höchstens mit einen Beitrag zur Debatte ergänzen und dabei zum Nachdenken über unsere eigenen postindustriellen Gesellschaften einladen. Indem der Beitrag neben dem Europa-Ostasien-Vergleich auch auf den Vergleich zwischen Westeuropa und der islamisch geprägten Levante im späten Mittelalter eingeht, lässt sich neben relativ selbständigen Entwicklungspfaden vor allem auch die Interaktion und wechselseitige Prägung zwischen verschiedenen Wachstumsmodellen erkennen.