Der „Carnegie Report on the Causes and Conduct of the Balkan Wars 1912/13“. Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte im Völkerrecht und in der Historiographie

Vol. 24 No. 6 (2014)

Die Verankerung des Völkerrechts als Maßstab internationaler Politik im 20. Jahrhunderts wird gegenwärtig gerade auch mit Fragen aus der transnationalen und globalen Historiographie wieder und neu erforscht. Ein zentraler, bislang kaum beachteter Aspekt dieser Geschichte wird hier mit dem Bericht der Carnegie Endowment of International zu den Balkankriegen der Jahre 1912/13 beleuchtet. Zumeist galt er als eine Dokumentation ethnischer Säuberungen und führte in die Diskussion über eine evtl. spezifische Form der Kriegsführung auf dem Balkan. Demgegenüber lesen ihn die Herausgeber und Autoren als eine Schilderung der gescheiterten Hoffnungen auf Schiedsgerichtsbarkeit und Haager Landkriegsordnung als Grundlegung weitgehend friedlicher Konfliktbeilegung. Da der Glaube an diese Instrumente und Prinzipien zum Selbstverständnis der US-amerikanischen Stiftung gehörte, bewirkte die Enttäuschung über ihr Versagen eine folgenreiche Positionsverschiebung, nämlich die Befürwortung der Institutionalisierung des Völkerrechts im Völkerbund. Der Wandel ist sowohl für die Entwicklung der Friedensbewegung bzw. des (liberalen) Internationalismus in den USA ein Schlüsselmoment, als auch ein Aspekt der Ermächtigung des Völkerbundes. Zugleich führt die Historisierung des Berichtes, die Analyse seiner Auftraggeber und Verfasser, der Arbeit vor Ort wie der Wahrnehmung und Wirkung im Anschluss hinein in eine grenzüberschreitende Kooperation mit nicht-intendierten, aber weitreichenden Dynamiken in der Verrechtlichung internationaler Beziehungen.

 

Herausgegeben von Dietmar Müller und Stefan Troebs

Articles

Helke Rausch
25-52

Thomas M. Bohn
52-68

Stefan Troebst
68-79

Adamantios Skordos
79-105

Ivan Ilčev
105-126

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2014