Institutional History Rediscovered: Observing Organizations' Behavior in Times of Change
Vol. 24 No. 1 (2014)
Herausgegeben von Stefanie Middendorf, Ulrike Schulz and Corinna R. Unger
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Herausgegeben von Stefanie Middendorf, Ulrike Schulz and Corinna R. Unger
Die Einleitung versteht sich als ein Annäherungsversuch an eine kontextsensible und theoretisch informierte Institutionengeschichte. Ausgangspunkt ist die Überlegung, wie es gelingen kann, Organisationen auch in Phasen rapiden Wandels sowohl als eigenständige Einheiten zu analysieren als auch in Relation zu ihren komplexen Umwelten zu begreifen. In einem ersten Schritt werden zentrale institutionen- und organisationstheoretische Konzepte verschiedener Fachdisziplinen aufgegriffen und auf ihren Nutzen und ihre Anwendungsmöglichkeiten für die empirische historische Forschung hin betrachtet. Diese werden mit bestehenden historiographischen Debatten verbunden. In einem zweiten Schritt ordnet der Beitrag die hier präsentierten Fallstudien in diese Diskussion ein und formuliert einige übergreifende Befunde für die zukünftige institutionengeschichtliche Forschung.
Dieser Artikel hinterfragt die Erklärungskraft des historischen Institutionalismus für die Interpretation institutionellen Wandels. Dazu wird ein dezentrierter Ansatz vorgestellt, der die individuelle agency von Akteuren konzeptualisiert und historisiert. Als Fallstudie dienen außerparlamentarische Gremien in der Zwischenkriegszeit in Westeuropa und in den Niederlanden. Indem diese Organisationen und die in ihnen handelnden Personen aus einer Mikroperspektive untersucht werden, wird gezeigt, dass Erklärungen institutionellen Wandels mit der situated agency der historischen Akteure verbunden werden müssen. Damit steht er Interpretationen entgegen, die sich auf die Makroebene konzentrieren und institutionellen Wandel als evolutionär betrachten.
Die bisherige Forschungstradition zur kommunistischen Machtübernahme in Ostmittel- und Osteuropa zwischen 1944 und 1948 betonte den gewalttätigen und zerstörerischen Charakter der Maßnahmen, mit denen die kommunistischen Parteien ‚totale Kontrolle‘ zu erringen versuchten. Der vorliegende Artikel nimmt stattdessen eine Perspektive ein, die staatliche Institutionen als konkrete Handlungsorte begreift, in denen Konflikte zwischen historischen Akteuren ausgetragen wurden, welche die Verschiebung der Macht erst ermöglichten. Vor diesem Hintergrund untersucht der Artikel die Personalpolitik in den Sicherheitsapparaten der Sowjetischen Zone Deutschlands und Rumäniens. Angeleitet ist die Analyse von der auf Anthony Giddens‘ Konzept der Strukturierung basierenden Annahme, dass institutionelle Strukturen nur so lange existieren können, wie individuelle Akteure willens und bereit sind, sie aktiv zu füllen und zu reproduzieren.
Dieser Artikel untersucht die Rolle der United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) aus der von Giddens‘ entwickelten Perspektive der Dualität von Struktur und Handlung. Häufig werden Internationale Organisationen (IOs) als Ausdruck der gesammelten Interessen ihrer nationalstaatlichen Mitglieder und damit letztlich als entscheidungsschwach dargestellt. Stattdessen argumentiert dieser Artikel, dass IOs durchaus über agency und eine eigene Agenda verfügen. Dies wird am Beispiel der UNECE deutlich, die ursprünglich als Steuerungsgremium für den europäischen Wiederaufbau konzipiert war. Am Beispiel von internen Aushandlungsprozessen zeigt der Artikel, dass die UNECE sowohl ein Resultat des Kalten Krieges als auch ein wirkmächtiger Akteur in diesem Konflikt war.
Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Rolle der Rockefeller Foundation und der Ford Foundation im Prozess der Etablierung der internationalen Entwicklungspolitik in den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg. Dazu analysiert der Beitrag die Strategien und Mechanismen, die es den beiden Stiftungen als Nichtregierungsorganisationen erlaubten, sich einflussreiche Positionen in der internationalen Politik zu sichern. Der Antikommunismus in den USA ebenso wie die außenpolitischen Vorgaben Washingtons stellten hierbei Bedingungen, zu denen sich die Stiftungen explizit verhalten mussten. Zugleich erwiesen sie sich als geschickt darin, eigene Strukturen zu nutzen und neue herzustellen, die ihre Position in einem zunehmend kompetitiven Feld wie der Entwicklungspolitik stabilisierten.