Labeling the Religious Self and Others: Reciprocal Perceptions of Christians, Muslims, Hindus, Buddhists, and Confucians in Medieval and Early Modern Times
Vol. 20 No. 4 (2010)
Herausgegeben von Hans Martin Krämer, Jenny Oesterle and Ulrike Vordermark
Articles
Grob gesprochen neigt die bisherige Forschung dazu, die Wahrnehmung der lateinischen Christenheit durch die arabisch-islamische Welt des 7. bis . Jahrhunderts auf eine desinteressierte und arrogante Haltung zu reduzieren. Im ersten Teil des Artikels verdeutlicht ein Variantenvergleich auf der Basis methodischer Überlegungen zur Quellengrundlage und zur Rekonstruktion von Wahrnehmungsmustern auf makrohistorischer Ebene, dass eine stärkere Nuancierung erforderlich ist. Im Rahmen einer exemplarischen Beweisführung widmet sich der zweite Teil der Frage, wie und auf welcher terminologischen Grundlage die „lateinische Christenheit“ in den Schriften arabisch-islamischer Gelehrter kategorisiert wird. Diese enthalten zwar keinen Begriff, der eindeutig eine „lateinisch-christliche“ Religionsgemeinschaft oder kulturelle Sphäre definiert. Dennoch wird deutlich, dass das Konzept eines facettenreichen christlich geprägten europäischen Kulturraums in diesen Schriften über die Jahrhunderte hinweg langsam an Kontur gewinnt.
Das 15. und 16. Jahrhundert waren durch die äußere Bedrohung durch das Osmanische Reich in mentalitätsgeschichtlicher Hinsicht mannigfach verbunden. Dies kam auch darin zum Ausdruck, dass sich die Reformatoren einige mittelalterliche Texte zur Wahrnehmung des Islam (Georg von Ungarn, Robert v. Kettons Übersetzung des Koran u.a.) aneigneten, sie erneut oder erstmals publizierten, aber auch zum Zweck der binnenchristlichen Polemik aktualisierten. Die Muster in der Wahrnehmung der „türkischen Religion“ pluralisierten sich; neben traditionell häresiologischen spielten Wahrnehmungsweisen eine verstärkte Rolle, die die „Unwahrheit“ des Islam anhand des Koran selbst zu erweisen versuchten. Die Turkisierung der innerchristlichen Gegner trug dazu bei, religionskulturelle Wissensbestände über die fremde Religion präsent zu halten und zu popularisieren.
Dieser Beitrag untersucht die Konzeptionalisierung von Religion und die Wahrnehmung von Religionen. Zunächst wird gefragt, wie frühneuzeitliche Europäer die religiösen Gruppen in Indien bezeichneten, um in einem zweiten Schritt das Konzept von Religion mit dem des „Heidentums“ zu kontrastieren. Als letztes wird nachgezeichnet, mit welchen Kriterien eine Hierarchie zwischen den Religionen konstruiert wurde. Da Religion in der Frühen Neuzeit eine Grundstruktur des gesellschaftlichen Lebens darstellte, können diese Fragen nicht nur anhand theologischer Traktate behandelt werden. Daher werden Texte protestantischen Theologen neben solche von meist weniger gebildeten deutschen Angestellten der niederländischen Ostindien-Kompanie (VOC) gestellt. Es zeigte sich, dass es keine einheitliche Wahrnehmung der indischen Religionen gab. Die Kategorie Religion diente dazu, die Wahrnehmung der Vielfalt Indiens zu strukturieren, und war in der Frühen Neuzeit eine der wenigen Möglichkeiten, die europäische Überlegenheit zu konstruieren. In der Frühen Neuzeit wurden die Religionen meist in eine graduelle Hierarchie gebracht, diese Art der Ordnung trat in der kolonialen Phase hinter der Dichotomie Orient-Okzident zurück.
Keine hundert Jahre lang durften christliche Missionare im 16. und 17. Jahrhundert sich in Japan aufhalten, ehe sie des Landes verwiesen wurden und das Christentum für über zweihundert Jahre verboten wurde. Der vorliegende Beitrag untersucht, wie das Christentum in Japan insbesondere von Buddhisten, den wichtigsten Dialogpartnern bzw. Konkurrenten, wahrgenommen wurde und welchen sprachlichen Niederschlag der Kontakt zwischen den beiden Religionsgemeinschaften im Japanischen fand. Während für viele christliche Termini bald Übersetzungsbegriffe geprägt wurden, wurde das Christentum insgesamt im Rahmen der bestehenden Terminologie gefasst: Noch die stärkste Ablehnung des Christentums erkannte implizit dessen kategoriale Kommensurabilität an, indem es als (wenn auch häretische) Sekte mit demselben Klassenbegriff belegt wurde wie die einheimischen Religionen auch. Die Religionspolitik des 7. Jahrhunderts trug dazu bei, dass dieser Sprachgebrauch – durch eine Erweiterung des extensionalen Sinns – wiederum Veränderungen in der bestehenden Terminologie hervorrief, die auch nach dem Verbot des Christentums nachwirkten. Der vorliegende Beitrag argumentiert, dass die Bildung des heute in Ostasien verbreiteten Begriffs für „Religion”, die erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte, maßgeblich durch diese Vorgeschichte geprägt ist.
In
Nachdem es von Frankreich und Großbritannien besiegt worden war, unterzeichnete China 1858 die Verträge von Tianjin und stimmte der Aufhebung des Christentumsverbots zu. Die darauf folgenden diplomatischen Verhandlungen über den gesellschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Status von Christen machte die herrschende Schicht mit der Doktrin und den Praktiken dieser Religion bekannt und formte ihre allgemeine Wahrnehmung des Christentums. Auf der Grundlage einer Analyse von Schriften aus der Feder nicht-christlicher Angehöriger der Elite argumentiert der vorliegende Beitrag, dass das Auftreten der westlichen Nationen als Hüter der Rechte von Christen weltweit die Identität des Christentums von „der Religion aus dem Westen“ zu „der Religion des Westens“ veränderte. Auch Bemühungen, einige der Vertragsrechte auch auf chinesische Christen auszuweiten, trugen zur Schaffung einer separaten Verwaltungskategorie für Anhänger des Christentums bei und verstärkten die kulturelle Andersartigkeit, die mit dem Christentum assoziiert wurde. Diese Andersartigkeit wurde später in den chinesischen Begriff von Religion eingeschrieben, der, wie zahlreiche Forscher bemerkt haben, größtenteils auf dem Bild des Christentums beruhte.
Forum
This article argues that the Sopade, the exil executive of the German Socialdemocratic Party, and Giustizia e Libertà, the Italian socialist group founded in Paris in 1929, elaborated similar interpretations of fascism out of common theoretical impulses from for instance the French or Belgian socialist avant-garde. Their most influential leaders, e.g. Rudolf Hilferding and Friedrich Stampfer on the one hand, Carlo Rosselli and Gaetano Salvemini on the other, believed in the momentous character of fascism in Europe. They considered it a barbaric, civilisation-breaking regime, and at the same time stressed the unique chance for humanist and social rebirth antifascism offered. Being in control of large portions of the respective socialdemocratic press, they were, despite organisational and political setbacks in exile, able to strongly influence the German and Italian antifascism by pleading for the assimilation of an antidogmatic and antireformist, liberal and federalist socialism.